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Philipp Franz v. Siebold
Inhalt
Biographische MiszellaneenErster Japanaufenthalt: 11. August 1823 bis 2. Januar 1830 Zweiter Japanaufenthalt: 4. August 1859 bis Ende April 1862 Porträt
v.Siebold; Kreidezeichnung von Joseph Schmeller, Weimar am 16. Mai 1835 [ws:416f.]
[aus jue: 380f., dort Text zu Abb. 341] Philipp Franz von Siebold wurde am 17. Februar 1796 in Würzburg geboren. Im Alter von 24 Jahren legte er sein medizinisches Examen an der Universität Würzburg ab und wurde zwei Jahre später Generalinspektor des Sanitätswesens der VOC. Als Arzt wurde er von der VOC nach Japan geschickt und erreichte am 6. 7. 1823 Nagasaki über Java und Batavia. Schon im folgenden Jahr eröffnete er in Narutaki eine Privatschule, in der er Patienten behandelte und westliche Medizin lehrte. Unter seinen Schülern waren so bekannte Gelehrte Holländischer Wissenschaften wie die Ärzte Takano Chôei, Koseki San’ei (1787–1839) und Kô Ryôsai (1799–1846). 1826 durfte er den neu ernannten Opperhoofd, Johan Willem de Sturler, auf seiner Hofreise nach Edo begleiten. Auf dieser Reise fuhren unter anderem auch der Schüler Siebolds, Ninomiya Keisaku (1804–1862), und der Siebolds Japanstudien illustrierende Maler aus Nagasaki, Kawahara Keiga, mit. Im Jahre 1827 gebar seine japanische Frau Taki ein Mädchen, Ine. Ein Jahr später war er in die sog. Siebold-Affäre verwickelt und wurde 1829 des Landes verwiesen. Zurück in Holland ließ sich Siebold in Leiden nieder, wo er sich den in Japan gesammelten Objekten aus den verschiedensten Gebieten widmete, sie analysierte und publizierte. Seine repräsentativsten Werke sind Nippon, Flora Japonica und Fauna Japonica. Als 1858 nach der »Öffnung Japans« ein neuer japanisch-holländischer Handelsvertrag zustande kam, wurde Siebolds Verbannung von Japan aufgehoben. Im folgenden Jahr reiste er mit seinem zwölfjährigen Sohn Alexander nach Japan. 1863 kehrte er nach Europa zurück und starb 1866 in München. Siebold bestellte bei seinem ersten Japanaufenthalt mehrere kleine Schachteln, in der Form japanischer Puderschachteln ähnlich, mit Porträts seiner Familienmitglieder in Perlmutt. Es gilt als sicher, daß dieses Porträt Siebold selbst darstellt. In der Sammlung in Leiden gibt es ein Pedant zu diesem Stück mit einem Porträt seiner Tochter Ine. Im Städtischen Museum Nagasaki gibt es eine ähnliche Schachtel mit seiner Frau Taki auf dem Deckel, und seiner Tochter auf der Deckelinnenseite. Zu einigen Objekten[aus jue: 381f., dort Text zu Abb. 342–348] Die in Japan erhaltenen Hinterlassenschaften Siebolds belaufen sich auf 19 Objekte, die in den Familien der Enkel von Siebold, Kusumoto und Yoneyama, überliefert wurden.
Die sog. „Siebold-Affäre“[aus jue: 370f., dort Katalog/Vorw. zu Kap. 10] Über Siebolds großen Bekanntenkreis weiß man genau bescheid: Zu seinen direkten Schülern gehörten insgesamt 53 Personen, darunter Takano Chôhei, der hervorragend holländisch sprach und ihm die Informationen zukommen ließ, die Siebold später in seinem Nippon wiedergab. Siebold verkehrte mit 25 japanischen Gelehrten, darunter Mamiya Rinzô, aber auch mit sechs Feudalherren. Nicht zu vergessen ist Kawahara Keiga, den er beschäftigte, weil er der einzige japanische Maler war, der Dejima betreten durfte. Keiga arbeitete allerdings nicht nur für Siebold, sondern auch für Johan Frederik van Overmeer Fisscher, 1819 bis 1829 Leiter des Lagerhauses der VOC auf Dejima, der ebenfalls eine Sammlung von Japonalia nach Holland brachte und darüber ein illustriertes Buch schrieb. Als Siebold seinen Dienst auf Dejima quittieren und mit seiner umfangreichen Materialsammlung nach Hause fahren wollte, kam es zur sog. Siebold-Affäre. Die Cornelius Houtman, die Siebolds Gepäck geladen hatte, geriet am 10. August 1828 in einen Taifun und mußte wieder an Land festmachen. Die Kontrolleure der Fracht fanden Dinge, deren Ausfuhr streng verboten war. Es kam zur Bestrafung von 50 Personen, mit denen Siebold verkehrt hatte, und als bekannt wurde, daß er von dem Hofastronomen des Shôgun, Takahashi Sakuzaemon (1785–1829), eine japanische Landkarte erhalten hatte, reagierte die breite Öffentlichkeit ebenso erregt wie der Dichter und Gelehrte Nakajima Hirowatari (1792–1864), der den Orkan mit jenem »Kamikaze« genannten Taifun verglich, der vormals im 13. Jh. die Flotte des mongolischen Eroberers Khûbilai vor der Küste Kyûshûs zerstört hatte. Unter den in Siebolds Haus konfiszierten Dingen befand sich ein Band von Kaempfers De Beschryving van Japan, das von den VOC-Angestellten auf Dejima als Reisebaedeker schon im 18. Jh. eifrig gelesen worden war. 40 bis 50 Jahre nach Erscheinen der englischen Ausgabe (1727) befanden sich nicht wenige Exemplare davon auch in japanischen Händen. Einer der ersten Besitzer des Buchs war der Dolmetscher Yoshio Kôzaemon (1724–1800), der ein Exemplar der zweiten holländischen Auflage von 1782 besaß, das in die Bibliothek des Lehnsherrn Matsura Seizan kam. […] Der Schüler Siebolds, Kozeki San’ei (1787 bis 1839), bemühte sich um 1831 um die Übersetzung der holländischen Kaempfer-Ausgabe und traf sich mit Watanabe Kazan und Takano Chôhei zur Lektüre und Kommentierung des Buches. Als sie 1838 das strikte Landeverbot für ausländische Schiffe kritisierten, wurden zuerst Watanabe Kazan, dann Takano Chôhei eingekerkert, und Kozeki San’ei beging Selbstmord. Kazan brachte sich zwei Jahre später im Hausarrest ums Leben. Chôhei, der 1845 ausbrechen konnte, tauchte fünf Jahre lang unter bis er wieder gefaßt wurde und schließlich doch noch während der Verhaftung Selbstmord beging. Erstaunlicherweise aber hatte auch die Tokugawa-Regierung die Bedeutung von Kaempfers Werk erkannt. Sie ließ 1844 bis 1845 eine vollständige Übersetzung anfertigen, deren heute verschollenes Manuskript in der Bibliothek des Bakufu geheimgehalten wurde. Im Jahr 1859 kam Siebold ein zweites Mal nach Japan und traf seine japanische Tochter Ine wieder, die sich inzwischen als erste weibliche Ärztin Japans einen Namen gemacht hatte. Auf Empfehlung seiner Schüler wurde Siebold 1861 Berater des letzten Tokugawa-Shôgun in auswärtigen Angelegenheiten, sieben Jahre vor der Einrichtung einer holländischen Botschaft in Tôkyô im Gründungsjahr der Meji-Restauration von 1868. Siebolds AdelCarl Caspar Siebold (1736–1807), Grossvater von Philipp Franz, fstl. Würzburgischer Hofrat, Prof. der Anatomie und Oberwundarzt des Julius-Spitals, wurde am 1. Oktober 1801 von Kaiser Franz II. in den erblichen Reichsadelsstand erhoben. Schon der Vater von Carl Caspar war Feldscher in einem kurbayerischen Regiment. Die Familie läßt sich bis in die Zeit des 30-jährigen Krieges als Bedienstete der Landgrafen von Hessen-Darmstadt zurückverfolgen. Philipp Franz Balthasar (1796–1866), Dr.med., Dr.phil.h.c., Kgl. Niederländ. Oberstabsarzt, Oberst, später Generalmajor im Generalstab des Niederländ.-Ind. Heeres, wurde am 30. März 1816 im Königreich Bayern in der Adelsklasse immatrikuliert und (aufgrund des Reichsadels) am 17. November 1842 mit dem Prädikat Jonkheer in den niederländischen Adel aufgenommen. Philipp Franz’ ältester Sohn Alexander (1846–1911) wurde am 5. November 1870 von Kaiser Franz Joseph in den österreichischen Freiherrenstand erhoben. Dessen Sohn Alexander Freiherr v. Siebold fällt als letztes männliches Mitglied der Linie am 27. April 1918 bei Dranoutre in Flandern. Sein zweiter Sohn Heinrich (1852–1908) wurde am 11. April 1889 von Kaiser Franz Joseph in den österreichischen Freiherrenstand erhoben. Das am längsten überlebende Kind von Philipp Franz ist seine Tochter Helene, die am 4. Juli 1927 in Esslingen am Neckar nachkommenlos verstirbt. Nachkommen bis in die Gegenwart hat seine Tochter Mathilde (1850–1906). Akademische Grade und Auszeichnungen
Inschrift am EhrengrabAlter Südlicher Friedhof (Sektion 33, Reihe 13, Nr. 5), München.
Bücher & SchriftenDe historia naturalis in Japonia statu …De historia naturalis in Japonia statu, nec non de augmento emolumentisque in decursu perscrutationum exspectandis dissertatio, cui accedunt spicilegia faunae japonicae. [Datiert: 11. November 1823. Auf dem Titelblatt fälschlich: G. T. de Siebold.] Batavia 1824. 16 S., 8°. Neudruck: Würzburg: C. Ph. Bonitas 1826. 20 S., 8°. Wieder in: Isis oder Encyclopädische Zeitung, hrsg. von Lorenz Oken, 20. Band, 1827, Sp. 135–143. Nippon. Archiv zur Beschreibung von Japan …Nippon. Archiv zur Beschreibung von Japan und dessen Neben- und Schutzländern: Jezo mit den südlichen Kurilen, Krafto, Kooraï und den Liukiu-Inseln, nach japanischen und europäischen Schriften und eigenen Beobachtungen bearbeitet. Ausgegeben unter dem Schutze Seiner Majestät des Königs der Niederlande. Leiden: beim Verfasser; Amsterdam: J. Muller; Leiden: C. C. van der Hoek 1832 [–1858]. 7 Teile mit vielen Abbildungen, Karten und Tabellen, 2°. Druck: Leiden: J. G. La Lau. Niederländische Übersetzung der 1. Lieferung: Nippon. Archief voor de beschrijving van Japan en deszelfs toegevoegde en cijnsbare landen: Jezo met de zuidelijke Kurilen, Krafto, Kooraï en de Liukiu-eilanden, volgens Japansche en Europische geschriften en eigene waarneming bewerkt door Ph. Fr. v. Siebold, uitgeven onder bescherming van den Koning. Leiden: beim Verfasser; Amsterdam: J. Muller; Leiden: C. C. van der Hoek 1832. IV, 32, 9, 15, 9 S., 15 Tafeln, 2°. Druck: Leiden: J. G. La Lau. Französische Übersetzung von Teilen von A. de Montry und E. Fraissinet: Voyage au Japon, exécuté pendant les années 1823 à 1830, ou description physique, géographique et historique de l’empire japonais, de Jezo, des îles Kuriles méridionales, de Krafto, de la Corée, des îles Liukiu, etc. 5 Bände, 8°; Atlas, 2°. Paris: A. Bertrand 1838–1840. Russische Übersetzung von Abschnitten: [Beschreibung der Gebräuche und Zeremonien bei der Hofreise nach Edo.] In: Syn’ Otecestva [Sohn des Vaterlandes], 1840, Tl. 1, Buch 2, S. 376–428. [Aus dem Tagebuch der Hofreise nach Edo.] In: Šurnal dlja ct. vospit. vojenno-ucebn. zaved [Journal für die Lektüre an Kriegsschulen], 1840, Tl. 25, Nr. 97, S. 13–73. 2., veränderte und ergänzte Auflage: Nippon. Archiv zur Beschreibung von Japan und dessen Neben- und Schutzländern Jezo mit den südlichen Kurilen, Sachalin, Korea und den Liukiu-Inseln. Hrsg. von seinen Söhnen. 2 Bände. Würzburg u. Leipzig: Leo Woerl 1897, 4°. 1. Band: XXXVI, 421 S., 53 Abbildungen u. 1 Karte. 2. Band: VIII, 342 S., 47 Abbildungen.
SieboldNippon.pdf [ca. 933 KB, A5, 285 Seiten]
Zehn in sich vollständige Text-Auszüge aus „Nippon“ (²1897).
Die folgenden Einzel-Kapitel brauchen zur Anzeige einen xml/css3-namespace-fähigen Browser.
3., ergänzte und erläuterte Auflage (Zentenarausgabe): Nippon. Archiv zur Beschreibung von Japan. Vollständiger Neudruck der Urausgabe. Zur Erinnerung an Philipp Franz von Siebolds erstes Wirken in Japan 1823–1830. In zwei Text- und zwei Tafelbänden. Dazu ein neuer Ergänzungs- und Indexband von Dr. F. M. Trautz. Hrsg. vom Japaninstitut Berlin. Berlin, Wien, Zürich: E. Wasmuth AG. 1930–1931. 2°. Textband I (735 S.), Textband II (705 S.), Tafelband I u. II, Ergänzungs- u. Indexband (470 S., 28 Tafeln, 1 Karte). [300 Exemplare] Auswahl: Nippon, Archiv zur Beschreibung von Japan. Auswahl und Nachwort von Ralph-Rainer Wuthenow. Tôkyô: Japanisch-Deutsche Gesellschaft e. V. 1965. 259 S., 8°. [S. 1–246 Texte nach der 2. Aufl., 247–259 Nachwort]. Japanische Übersetzung des Abschnitts „Hofreise nach Edo 1826“ von Shûzô Kure (nach 2. Aufl.). 1928 [Privatdruck]. Fotomechanischer Neudruck einzelner Kapitel: Anbau und Bereitung des Thees auf Japan. (= Nippon, 1930, S. 935–951). Tôkyô 1935. [300 Exemplare]. Beiträge zur Geschichte von Japan. (= Nippon, 1930, S. 541–690). Tôkyô 1937. Literatur & Links
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